Das jüdische Lichterfest Chanukka fällt ebenso wie Weihnachten in die dunkle Jahreszeit. Erinnert wird damit an ein wichtiges Ereignis in der Geschichte des jüdischen Volkes, das von Selbstbehauptung und Bewahrung der Religion berichtet.

Die „Freunde der Synagoge Bourtange“ hatten unter Willem Fokkens das Netzwerk „Reise ins jüdische Ostfriesland“ zur Feier eingeladen. Insgesamt hatten sich rund hundert Teilnehmende auf dem kleinen Marktplatz eingefunden, um dem Gottesdienst beizuwohnen. Am sechsten Tag von Chanukka entzündete Bürgermeister Jaap Velema die erste Kerze der Chanukkia.

Chanukka habe seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 in erschreckender Weise wieder an existenzieller Aktualität gewonnen. Darauf wies der Oberrabbiner Binyomin Jacobs in seiner Predigt hin, die er im Rahmen der Chanukka-Feier am 12. Dezember 2023 auf dem Marktplatz der rekonstruierten Festungsanlage im niederländischen Bourtange hielt.

An die nichtjüdischen Gäste des Gottesdienstes gewand erinnerte er daran, dass in den Jahren der nationalsozialistischen Besetzung der Niederlande von 1940 bis 1945 etwa fünf Prozent der nichtjüdischen Bevölkerung ihre jüdischen Mitbürger trotz drohender Reperessalien unterstützt habe, weitere fünf Prozent nichtjüdischer Niederländer hätten gemeinsame Sache mit den Besetzern gemacht und die Juden verfolgt, drangsaliert und ermordert. Die übrigen neunzig Prozent aber hätten einfach weggeschaut und die menschliche Tragödie ignoriert. Dieses allgemeine Wegschauen habe der Shoa Vorschub geleistet. In den gegenwärtigen Zeiten eines wiedererstarkenden Antisemitismus sei es erforderlich, dass man aufeinander achtgebe und füreinander einstehe.

Binyomin Jacobs forderte die jüdischen Teilnehmenden dazu auf, sich nicht aus Furcht zu verstecken und ihr Jüdischsein nicht in der Öffentlichkeit zu verleugnen. Ganz im Gegenteil: Die aktuelle Situation erfordere selbstbewusste Sichtbarkeit. Etwa, indem man auf den Straßen weiterhin die Kippa trage oder den Chanukka-Leuchter ins Fenster stelle, so dass ihn jeder von der Straße aus sehen könne. Insgesamt sei die Chanukka-Feier ein hoffnungsfrohes Fest, welches daran erinnere, dass Feindseligkeit und Verfolgung überwunden werden könne.

Im Anschluss an den Gottesdienst gab es im Restaurant Lands Huys Kaffee, Tee und koscheres Brot für alle Teilnehmenden. Niederländische und deutsche Gäste, Juden und Nichtjuden kamen miteinander ins Gespräch. Das Lichterfest Chanukka in Bourtange wurde damit zu einem weiteren Beispiel für die Notwendigkeit und die Bedeutung grenzüberschreitender menschlicher Begegnung.

Weitere Informationen zum jüdischen Leben und jüdischer Geschichte in Bourtange finden Sie hier.

Abbildungen:

• Außenansicht der Festungsanlage Bourtange (Bildquelle: Ostfriesische Landschaft)
• Blick auf die Synagoge von den Wallanlagen (Bildquelle: Ostfriesische Landschaft)
• Außenansicht Synagoge Bourtange (Bildquelle: Ostfriesische Landschaft)
• Innenansicht Synagoge Bourtange (Bildquelle: Stichting Vesting Bourtange)
• Chanukkia von Bourtange (Bildquelle: Ostfriesische Landschaft)