»Kunstfreiheit und Nachhaltigkeit sind kein Widerspruch …«
Am 24. März 2025 hatten die Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel, die Green Culture Anlaufstelle des Bundes und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur gemeinsam zum »Nachhaltigkeits-Booster für die Kultur« ins Künstlerhaus Hannover eingeladen. Und zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus dem gesamten Kultursektor waren der Einladung gefolgt, um sich über die Situation der Kultur in punkto Nachhaltigkeit auszutauschen. Einen Tag lang ging es um Klimaschutz, Klimaanpassung und Klimagerechtigkeit, um Betriebsökologie, CO2-Bilanzen und Materielkreisläufe, um Motivation, Partizipation und soziale Verantwortung. Und bei alledem um die spezifischen Herausforderungen, mit denen sich der Kulturbereich in diesen Punkten konfrontiert sieht.
Um diese Vielfalt an Themen ein wenig handhabbarer zu machen, gab es mehrere Workshop-Formate über den Tag verteilt, die zunächst der grundlegenden Information und Orientierung dienen sollten. Denn in der Tat herrscht auch im Kulturbereich – so ein Eindruck des Tages – neben großer grundsätzlicher Motiviertheit, dass sich etwas ändern muss, noch immer ebenso große Ratlosigkeit, was wann wie von wem alles bedacht und erbracht werden muss oder überhaupt kann. Da tat es gut, dass es schon Kolleginnen und Kollegen gibt, die bereits einige Schritte weiter sind und an diesem Tag ihre Erfahrungen im unkomplizierten Miteinander teilten.
»Um Nachhaltigkeit voranzubringen, braucht es manchmal Leuchttürme …«
Diese »Leuchttürme«, wie etwa das Landesmuseum Hannover, sind dabei keine unerreichbaren Vorbilder (obwohl sich mehr als bloß graduelle Unterschiede zwischen den Kultureinrichtungen im Land gewiss nicht leugnen lassen). Vielmehr wurde an diesem Tag klar, dass auch die vorgeblich Großen sich prinzipiell vor ähnliche Herausforderungen gestellt sehen wie die vorgeblich Kleinen. Und dass der offene Austausch untereinander, an Tagen und bei Gelegenheiten wie diesen, wichtig ist. Fürs Wir-Gefühl, um Ängste abzubauen und Hemmeschwellen zu senken oder damit sich »best-practice-Lösungen« herumsprechen. Eine Kollegin betonte, wie wohltuend es sei, wenn es solche »geschützten Räume« gebe, in denen Kulturtätige jedweder Herkunft und Situation mit Gleichgesinnten einfach mal ins Unreine und im Unfertigen auf Augenhöhe über die Dinge sprechen könnten. Dass sich dabei die Kulturtätigen wie selbstverständlich auch mit Kulturförderern austauschten und man einander zuhörte (»um ein Gespür für die echten Bedürfnisse in der Fläche zu bekommen … damit die Förderung auch ankommt«) war eine Stärke der Veranstaltung.
Als besonders inspirierend stellte sich für alle das allgemein noch nicht so verbreitete Bild vom »Handabdruck« heraus: Während der »ökologische Fußabdruck« als quantifizierbare Größe der Umweltauswirkungen des eigenen Tuns weithin bekannt ist und für die Minderung der konkreten betriebsökologischen Auswirkungen auch herangezogen wird (z.B. Emissionen), verbindet sich mit dem Bild vom Handabdruck die Idee des positiven gestalterischen, inhaltlichen Wirkens in die Gesellschaft und ihre Strukturen hinein. Hierin, so das Credo aller Teilnehmenden, liegt eine besondere Stärke von Kultur (und damit zugleich ihre Verantwortung!). Sie kann mit ihren unzähligen Ausdrucksformen und Erzählungen Impulse setzen, die Dinge anders und neu zu denken, Rahmenbedingungen so zu verändern, dass es nicht mehr nur um die Vermeidung von Schlechtem, sondern um die grundlegende Erzeugung von etwas Besserem geht.
Der griffige Slogan für dieses Bewusstsein war an diesem Tag schon früh gefunden und zog sich einem Mantra gleich durch die weiteren Gespräche:
»Kultur hat eine Superkraft … die Vehemenz der Lässigkeit«
»Lässigkeit« darf und soll dabei nun nicht mit Beliebigkeit oder Laissez-faire verwechselt werden. Dass etwas passieren soll, und in welche Richtung es gehen muss, war unfraglich. Dass die Zeit genau jetzt ist, ebenfalls. Die Wege dorthin sind jedoch individuell zu finden. Den einen Königsweg zur Nachhaltigkeit gibt es eben nicht. Und muss es auch nicht geben. Dafür ist die Kultur zu vielfältig und soll es auch bleiben. Kulturfreiheit ist eben in diesem Sinn kein Gegenmodell zur Nachhaltigkeit (sondern vielleicht sogar ihre Voraussetzung). Aber wenn wir die Freiheit der Kultur bewahren wollen, müssen wir uns auf dem Weg machen. Auf jeden erdenklichen. Und das mit der uns eigenen Kreativität. Die Freiheit der Kunst und Kultur bewahren wir nämlich dann, wenn wir die Rahmenbedingungen, in denen kulturelles, künstlerisches Arbeiten stattfindet, für die Zukunft sichern. Dabei sind Rückschläge oder Irrtümer naturgemäß durchaus zu erwarten.
Allen Anwesenden war am Ende dieses Tages daher eines umso klarer bewusst:
»Wir sollten handeln. Und zwar im Bewusstsein einer lebhaften Fehler-Kultur. Hauptsache: Wir handeln!«
Das ist Auftrag und Ermutigung gleichermaßen. Und dass es den anderen auch nicht anders geht, als einem selbst, war für viele vermutlich die fruchtbarste Erkenntnis der Veranstaltung. Der »Nachhaltigkeits-Booster« hat insofern einen gehörigen Schub nach vorne gebracht. Vom moralischen Defizitgefühl hin zum selbstbewussten Wir-können-etwas-tun.
Wenn Sie sich als Kultureinrichtung oder Kulturtätige(r) mit dem KIO-Projekt auf den Weg in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaschutz machen möchten, sprechen Sie uns gerne an. Gemeinsam blicken wir nach vorn!