Im Jahr 1981 entstand Dieter Zirkels (*1941) Siebdruck „Kulturlandschaft“, eine eindringliche Synthese aus apokalyptischen Bildmotiven und subtiler Doppeldeutigkeit. In jener Phase, als die sowjetische Intervention in Afghanistan (1979), das Scheitern der SALT-II-Verhandlungen und der Amtsantritt Ronald Reagans (1981) die Rüstungsspirale zwischen Ost und West erneut anheizten, spiegeln Zirkels düstere Kompositionen die kollektive Furcht vor atomarer Eskalation wider. Der Titel verweist gleichermaßen auf die gestaltete Umwelt und auf den durch Machtinteressen gefährdeten Bestand kultureller Errungenschaften, während das Bild industrielle Relikte und zerstörerische Kräfte in einer Landschaft verdichtet, die an der Schwelle zwischen Zivilisation und Untergang verweilt.
Dieter Zirkel brachte seine autodidaktisch erweiterte Perspektive aus archäologischen und musikwissenschaftlichen Studien an den Universitäten Münster und Köln (1962–64) in seine künstlerische Praxis ein. Seit seiner ersten Präsentation 1967 entwickelte er national wie international eine Bildsprache, in der Figuration und ironische Brechung eine kritische Bestandsaufnahme menschlicher Kulturpolitiken erlauben. Ausgezeichnet mit dem Kunstpreis der Stadt Wilhelmshaven (1980), dem Niedersächsischen Künstlerstipendium (1982) und dem zweiten Preis der Kunststation Kleinsassen (2001), bewegt ihn bis heute die Frage, wie Gesellschaften aus destruktiven Dynamiken lernen können.
Angesichts gegenwärtiger Umbrüche, von Klimakrise und geopolitischen Spannungen bis zur digitalen Desorientierung, gewinnt Zirkels Werk erneute Dringlichkeit. Seine „Kulturlandschaft“ mahnt, kulturelle Substanz nicht als gegeben hinzunehmen, sondern solidarisch zu bewahren und aus historischen Zäsuren Impulse für eine lebensfähige Zukunft zu schöpfen.
Welf-Gerrit Otto
