»Manchmal fühlt man sich ja wie Don Quichote im Kampf gegen Windmühlenflügel, wenn man die große Herausforderung Nachhaltigkeit vor sich sieht … Aber aus der einen großen Windmühle können wir viele kleine machen. Die gehen wir Stück für Stück und vor allem gemeinsam an. So nimmt der Gegenwind spürbar ab.«
Mit diesem »Bild« startete die erste KIO-Werkstatt in Wittmund. Denn es ging an diesem Tag darum, vom Reden über das große Ganze ins konkrete, tätige Handeln zu kommen. Die Größe der Herausforderung und Relevanz des Themas waren allen Anwesenden im Raum klar: Wir müssen in unserem Tun nachhaltiger werden und etwas fürs Klima tun. Als Gesellschaft insgesamt, aber eben auch und vielleicht gerade als Kultur. Doch wo und wie anfangen, wenn es angeblich um nichts weniger als die Rettung der Welt gehen soll, man aber als mittleres Museum, kleinerer Heimatverein oder gar Solo-Künstler gar nicht so recht weiß, was man dazu denn beitragen könnte?
Zunächst einmal wurde noch einmal klar: Die Kultur bietet vielfältige Möglichkeiten, sich den Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Umweltbildung oder Naturverbundenheit zu nähern. Sowohl in ihren Inhalten (Kunstwerke, Ausstellungen, Vermittlungsformate usw.) als auch in ihrem eigenen Handeln und Abläufen (Energieverbrauch, Material, Mobilität, Gebäudeunterhalt) kann der Kulturbereich wirksam etwas für Nachhaltigkeit und Klimaschutz tun. Dafür steht symbolisch die Idee vom »Handabdruck« (positives, inhaltliches Wirken) bzw. vom »Fußabdruck« (betriebliche Abläufe und Ressourcenverbrauch). Wer wollen wir gewesen sein? Was bleibt in der Rückschau von unserer gestalterischen Leistung? Und: Wer sind wir gerade? Welche Auswirkungen hat unser Tun auf Klima und Umwelt? Darüber haben sich die Teilnehmenden in der Peldemühle in Wittmund intensiv miteinander Gedanken gemacht.
Zunächst ging es um eine ehrliche Bestandsaufnahme: Was haben wir schon? Was können wir tun? Was brauchen wir dafür? Und was hindert uns? So lauteten die Leitfragen, an denen entlang der konkrete Zustand von Kultur und Nachhaltigkeit in Ostfriesland betrachtet wurde. Dabei kam heraus: Ganz offensichtlich ist Ostfrieslands Kultur an vielen Stellen durchaus schon nachhaltig, umweltschonend, naturnah oder klimaschützend unterwegs. Vieles, was ganz selbstverständlich bereits geschieht, muss nur deutlicher und selbstbewusster vertreten werden: Wir können es ja schon! Und wir tun es bereits! Das muss man sich in der täglichen Arbeit einfach auch mal bewusst machen: Gutes tun und darüber reden, z.B. über den nachhaltigen Weihnachtsmarkt beim Naturschutzhof Wittmunder Wald, die vielen tollen Projekte des Wittmunder Nachhaltigkeitspreises oder das Engagement der Geflüchtetenhilfe im Landkreis Wittmund. Ganz zu schweigen von all den Angeboten rund um das Leben am Meer im Museum in Esens oder im Wattwanderzentrum Ostfriesland.
Natürlich ist aber längst noch nicht alles gut. Auch das war allen Beteiligten klar. Wir könnten und müssten mehr tun! Daran hindern uns aber alte Gewohnheiten, fehlendes Wissen und die richtigen Partner und Impulse. Manche Strukturen verunmöglichen neue Ansätze (oder werden als große Hürde wahrgenommen). Hier ist auch der deutliche Wunsch nach Unterstützung durch die Politik vorhanden. Und – ja – auch Geld fehlt. Verbunden mit Zeit.
Hier kann KIO weiterhelfen: Für Wissen und Orientierung hält das Projekt grundlegende Informationen, Schulungsangebote, Einzelberatung und Expertenkontakte bereit. Auf der Suche nach geeigneten Kooperationspartnern und engagierten Mitstreitern bietet KIO zudem den Rahmen für die gute und gelingende Arbeit in einem gemeinsamen Netzwerk. Dafür wurde mit der ersten KIO-Werkstatt in den Räumen des Ostfriesischen Kunstkreises erfolgreich der erste Schritt zum ganz konkreten Handeln getan: Wir sind miteinander arbeits- und gesprächsfähig und können so neue, gemeinsame Ideen entwickeln. Gute Ideen kann KIO dann auch finanziell unterstützen.
Und von solchen Ideen gab es denn auch gleich reichlich. Denn im zweiten Teil der Werkstatt haben sich Projektentwickler-Tandems zusammengefunden und gegenseitig erste, spontane Projektideen vorgestellt und miteinander weitergedacht. Zumindest, soweit das eben ging in der Kürze der Zeit. Dabei haben sich ganz unterschiedliche Akteure getroffen, auch solche, die auf den ersten Blick gar nicht unbedingt für Kultur stehen. Aber – das wurde auch klar: Nachhaltigkeit und Klimaschutz lassen sich im Grunde genommen nicht aufteilen und exklusiv behandeln. Gerade hier können Kultur und Natur gut miteinander verwoben werden und sind alle »Disziplinen« gefragt. Egal ob Wattführer, Museumsmensch, Heimatverein, Naturschutzhof, Kunstverein, Wirtschaftsberater, Klimaschutzmanagerin oder Einzelkünstlerin. Sie alle konnten etwas beitragen und hatten Ideen aufgrund ihrer ganz eigenen Hintergründe. Und das war gut so. Genau das braucht KIO, und genau das ist die große Chance des Projekts: im wertschätzenden, offenen Austausch und Miteinander neue Berührungsflächen und Schnittstellen für gemeinsame Projekte zu entdecken. Dafür will KIO ein Ort sein. Egal, ob in Wittmund oder anderswo.
»Wir sind gespannt auf die konkreten Projekteideen. Bei Fragen zur Förderung oder weiteren Ausgestaltung stehen wir jederzeit bereit.«
Dass dies alles in Wittmund so gut funktioniert hat, lag nicht zuletzt an der gelungenen Moderation durch Gerke Rademacher, den wir als erfahrenen Nachhaltigkeitstrainer für unser Projekt in dieser Rolle gewinnen konnten. Er hat an der Wurster Nordseeküste und im rheinischen Bonn schon ähnliche Prozesse begleitet. Viel Erfahrung und Know-how für unsere Region. Das kann nicht schaden. Und Ostfriese ist er auch. Vielen Dank an ihn und alle Teilnehmenden.
Die KIO-Werkstatt findet ab jetzt regelmäßig in Ostfriesland statt: Das nächste Mal in Emden im September. Dann im Dezember in Leer. Die genauen Termine geben wir rechtzeitig bekannt. Alle Kultureinrichtungen, Kulturtätigen und kulturnahen Akteure aus Ostfriesland sind herzlich eingeladen.
Wenn auch Sie sich als Kultureinrichtung mit KIO auf den Weg machen wollen, freuen wir uns auf Ihre Teilnahme.
Melden Sie sich einfach bei uns unter: kio@ostfriesischelandschaft.de oder 04941/1799-55 bzw. 1799-56.
>>> Nächster Termin: unsere #KIO-Werkstatt Mitte/Ende September in Emden [genauer Termin und Ort folgt] <<<
Abbildungen oben: Impressionen der ersten KIO-Werkstatt in Wittmund. Nach kurzem Impulsvortrag bei Stuten, Tee und Kaffee wurde intensiv miteinander gearbeitet, diskutiert und neue Idee entwickelt. (Fotos: Ostfriesische Landschaft)