»Kultur muss klare Kante zeigen … Provozieren. Wachrütteln. Dogmatisch sein. Für alles andere haben wir keine Zeit mehr!«
DAS war mal ein Statement von einem Teilnehmer unserer 2. KIO-Werkstatt in Emden. Dreizehn Kulturtätige und Tourismusverantwortliche haben sich in der Galerie Amuthon-Art, zugleich Atelier des Künstlers Helmut Müller, getroffen und über die Möglichkeiten der Kultur diskutiert, dem Klimawandel nachhaltig etwas entgegenzusetzen.
Es ging um Spielräume, Rahmenbedingungen und gute Ideen. Doch vor allem wurde Grundsätzliches miteinander besprochen. Wo stehen wir in der Kultur? Was kann und muss Kultur tun? Was ist unsere Verantwortung als Kulturtätige in der heutigen Zeit?
Aber der Reihe nach: Für unsere KIO-Werkstatt, die in regelmäßiger Folge durch die ostfriesische Kultur-Landschaft »tourt«, hatten wir uns diesmal Emden als Station gewählt. So wollen wir nach uns nach in der Region überall immer wieder präsent sein und mit den Kulturtätigen vor Ort ins Gespräch kommen. Damit knüpfen wir bewusst an lokale Netzwerke an. Und reduzieren natürlich – ganz klimabewusst – auch die Fahrtstrecken der Teilnehmenden. Trotzdem sind immer alle Kulturtätigen und nahestehenden Interessierten (etwa aus dem Tourismus) aus ganz Ostfriesland willkommen.
Traditionell gab es Tee (auch Kaffee) und Stuten zur Begrüßungsrunde. Und dabei merkte man schon: heute wird es grundsätzlich und intensiv werden. Die »kurze« Vorstellung dauerte deutlich über die angesetzten 15 Minuten hinaus, weil sich sofort angeregte Gespräche und thematische Verknüpfungen untereinander ergaben. Ein gutes Zeichen. Genau das ist das Ziel unserer Werkstätten.
Gleichwohl sollte es ja noch etwas strukturierter werden … genau wie bei der ersten KIO-Werkstatt in Wittmund wollten wir miteinander ins systematische Arbeiten kommen. Von der Innenhofterrasse Helmut Müllers (der uns sehr gastfreundlich bewirtete – Vielen Dank!) ging es vorbei an beeindruckender moderner Kunst mitten hinein ins schöpferische Umfeld des Ateliers. Der perfekte Rahmen, um kreativ über Kultur nachzudenken.
Der Impuls zum KIO-Projekt (Was ist das eigentlich?) fiel bewusst kurz aus, um Raum fürs gemeinsame Tun zu lassen. Die Prämisse lautete:
»Ostfrieslands Kultur wird nachhaltiger und klimagerechter.«
Dabei standen vier Leitfragen im Raum: Was tun wir schon? Was können wir noch tun? Was brauchen wir? Was hindert uns? Darüber tauschten wir uns in zwei Kleingruppen rund dreißig Minuten aus. Knapp, aber konzentriert. Zwei grundlegende Erkenntnisse ganz unterschiedlichen Zuschnitts wurde hierbei greifbar:
1. Genau wie bei anderen Betrieben oder Einrichtungen gilt: Kultur hat einen »Fußabdruck«, verbraucht für ihr Tun Ressourcen, produziert Abfall, hat tagtägliche Abläufe, die noch wenig nachhaltig sind. Auf dieser basalen Ebene des Kulturbetriebs gibt es aus Sicht aller Teilnehmenden noch viel zu verbessern. Dementsprechend groß ist der Wunsch nach Unterstützung in Form von Information und Orientierung. Hierbei wird KIO daher in Zukunft unterstützen.
2. Losgelöst von diesen »Niederungen« alltäglichen verantwortungsbewussten Handelns (»Das wissen wir ja seit 30, 40 Jahren … Müsste eigentlich alles selbstverständlich sein.« – ein Teilnehmer) ging es aber auch noch um die grundsätzliche Frage, wie Kultur sich in der Klimakrise positionieren kann und muss. Dass Kultur wirkt und Einfluss nehmen kann, darüber waren sich alle einig. Aber eher subtil oder doch ganz pointiert? Daran schieden sich ein wenig die Geister. Sollte Kultur nicht gute Stimmung verbreiten, immerhin findet sie für die meisten Menschen in ihrer Freizeit statt – fürs Publikum nämlich. Sind kalkulierte Betroffenheitsreflexe da angezeigt? Umgekehrt kann eben nur Kultur die Menschen in all ihrer Vielfalt emotional »abholen« und „zu Tränen rühren“. Sollte man dieses Potential nicht auch für die Klimathematik nutzen? Denn gerade dort mangelt es ja nicht an Wissen, sondern an Handlungswillen. Kultur könnte hier emotionale Impulse liefern, wo rationale Erkenntnisse offenbar nicht ausreichen.
Vielleicht muss Kultur beides tun: Wachrütteln und ein gutes Gefühl verbreiten. Also die Ernsthaftigkeit der Lage klar benennen – durch plakative Provokation, künstlerische Brechung oder schlichtweg unverblümte Aufklärung. Aber eben auch aufzeigen, dass Hoffnung besteht – weil immer Hoffnung bestand, weil das die Menschen nunmal ausmacht, weil es die schönen Seiten des Lebens, wie Kultur sie spiegelt, wert sind, dass wir uns für ihre Bewahrung stark machen. Und vor allem: Schlechte Nachrichten hin oder her … weil Kultur die Menschen zusammenbringt, zum Miteinander anstiftet, zum Austausch anregt. Und das ist eine gute, wenn nicht DIE Voraussetzung dafür, dass wir uns den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich stellen. Es geht nur gemeinsam!
Die KIO-Werkstatt in Emden hat gezeigt, dass sich in der Kultur Menschen Gedanken machen, wie wir die Zukunft gut miteinander gestalten können. KIO versucht hier zu unterstützen. Wir freuen uns schon jetzt auf die nächste Werkstatt in Leer. Da wird es dann schon um die ersten konkreten Projekte im Rahmen unseres KIO-Förderprogramms gehen. Die erste Bewerbungsrunde ist gerade zu Ende gegangen. Richtig gute Klima-Kultur-Projekte können schon bald konkret werden.
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Die KIO-Werkstatt findet regelmäßig in Ostfriesland statt: Das nächste Mal am 9. Dezember von 15 bis 17 Uhr in der Kulturwerkstatt Leer. Alle Kultureinrichtungen, Kulturtätigen und kulturnahen Akteure aus Ostfriesland sind herzlich eingeladen.
Wenn auch Sie sich als Kultureinrichtung mit KIO auf den Weg machen wollen, freuen wir uns auf Ihre Teilnahme.
Melden Sie sich einfach bei uns unter: kio@ostfriesischelandschaft.de oder 04941/1799-55 bzw. 1799-56.
Abbildungen oben: Impressionen der zweiten KIO-Werkstatt in Emden. Nach ausführlicher Vorstellungsrunde und kurzem Impuls wurde intensiv miteinander diskutiert: Wo steht die Kultur? Was ist ihre Aufgabe? Was braucht es dafür? (Fotos: Ostfriesische Landschaft)
				
				
				
				










![Erika Willers, [Blick vom Strand Hilgenriedersiel nach Norderney], 2024. Erika Willers, [Blick vom Strand Hilgenriedersiel nach Norderney], 2024.](https://kultur.ostfriesischelandschaft.de/wp-content/uploads/sites/6/2025/04/erika-willer-2024-254x254.jpg)













